Ligue 1 2014/15: Fünf Teams zum Hinsehen

ligue 1An diesem Wochenende startet die französische „Ligue 1“ in die neue Saison. Zum Auftakt hat vor wenigen Minuten im Freitagsspiel der Ligazwerg Reims den Parisern ein 2:2 abgetrotzt. Es ist also gerade noch rechtzeitig für eine Art Saison-Vorschau. Voilà: Fünf Teams, auf die man achten sollte (und eines, das sowieso Meister wird). 

Olympique de Marseille

Marcelo Bielsa. Taktik-Guru, besessener Trainer, Fußballfanatiker – nach der chilenischen Nationalmannschaft und Atletic Bilbao trainiert „der Verrückte“ („loco Bielsa“) jetzt Marseille. Allein das reicht eigentlich schon, um hinzuschauen. Dazu kommt das 20-jährige belgische Mittelfeldtalent Michy Batshuayi aus Lüttich, der auf dem Spielfeld an guten Tagen ähnlich hyperkreativ werden kann, wie Bielsa an der Seitenlinie. Reifer werden muss er noch, aber dazu hat er ja jetzt den richtigen Trainer. Ohnehin hat sich Marseille zu einem interessanten Tummelplatz für Talente entwickelt: In der Mittelfeldoffensive stehen mit den beiden 21-jährigen Florian Thauvin und Gianelli Imbula zwei der spannendsten französischen Zukunftshoffnungen. Problem: Marseille hat seinen einzigen echten internationalen Star, Matthieu Valbuena, trotz seines überragenden WM-Auftritts im französischen Nationaltrikot ziehen lassen. (Zu Dynamo Moskau. Warum auch immer.) Bielsa war überhaupt nicht glücklich, und zeigte das auch deutlich. In einer Online-Umfrage rangierte er gleichzeitig in den Kategorien „Wer wird Trainer des Jahres?“ und „Wer wird als erstes entlassen?“ auf Platz 1. Fazit: Ob es eine erfolgreiche Saison für den mitgliedsstärksten Club Frankreich wird, ist zwar ungewiss – aber dass es auf jeden Fall unterhaltsam wird, scheint garantiert.

AS Monaco

Der Grund, auf Monaco ein Auge zu werfen, besteht dieses Jahr weniger in den Namen internationaler Superstars, die für Unsummen an die französische Riviera gelockt werden. Es sind nämlich keine geplant. Und die, die geplant waren (unter anderem Barcelonas Torwart Valdes und Reals Argentinier di Maria) kommen aus verschiedenen Gründen nicht. Stattdessen verlässt WM-Superstar James („Chrrramez“) Rodriguez das Fürstentum und folgt Geld und Ruhm nach Madrid, gerüchteweise wird Radamel Falcao demnächst folgen (der allerdings trotz seines Superstar-Status schon vergangene Saison kaum eine Rolle gespielt hat). Was bleibt, ist eine Truppe aus gealterten Ex-Stars (Carvalho) und ein paar ganz spannenden Youngstern. Möglicherweise genug, um sich wieder Platz 2 in der Liga zu sichern, aber kein Titelkandidat. Die spannende Frage lautet also vielmehr: Wo geht es hin mit dem „Projekt“ Monaco? Eurosport.de verstieg sich gar zu der etwas seltsamen Behauptung, dass die ASM auf den Spuren von Dortmund wandele, weil man nun auf Talente anstelle von Geld setzen wolle. Der Vergleich ist ziemlich schräg, und würde höchstens dann halbwegs passen, falls sich herausstellen sollten, dass Hoeneß‘ Geldgeschenke an den BVB doch um einiges größer waren, als bisher angenommen. Fakt ist: In Monaco sitzt weiterhin ein gelangweilter, russischer Großinvestor am Steuer. Fakt ist allerdings auch: Mit dem französischen U20-Weltmeister Kondogbia, dem jungen Belgier Ferreira-Carrasco und dem Argentinier Ocampos stehen ein paar sehr zukunftsträchtige Talente auf dem Platz, und das Ausbildungszentrum der Mongeassen hat sowieso seit Jahrzehnten einen tadellosen Ruf. Vielleicht zeigt ja Monaco diese Saison tatsächlich mal, dass man auch Spektakel bieten kann, ohne zuvor 170 Millionen Euro ausgegeben zu haben (solange man im Jahr davor bereits 170 Millionen Euro investiert hat).

Olympique Lyonnais

Nachdem der ehemalige Seriensieger mit einer überalterten und überteuerten Mannschaft in den letzten fünf Jahren kein ernsthafter Titelkandidat mehr war, hat man sich mittlerweile zu einem radikalen Umbruch entschieden: Plötzlich ist Lyon ein Schwimmbecken voller junger Kaulquappen. Samuel Umtiti, Lindsay Rose, Gueida Fofana, Jordan Ferri, Clement Grenier Alexandre Lacazette und Yassine Benzia könnten dem Alter nach auch U23 spielen, und werfen trotzdem gemeinsam einen Marktwert von gemeinsam etwa 30-40 Millionen Euro in die Waagschale. Der Lohn für diesen Mut war zunächst mal, dass Lyon vergangene Saison mit Rang 5 die schlechteste Platzierung seit mehr als 17 Jahren einfuhr (allerdings gab es vor 17 Jahren in der französischen Liga noch keine katarischen Ölscheichs). Das erstaunliche ist ohnehin, dass Lyon offenbar mit (Stand heute, 8. August) all seinen Jungtalenten in die neue Saison geht – allerdings ist die Transferperiode ja noch nicht vorbei, und vor allem Lacazette steht noch immer auf einigen internationalen Einkaufszetteln ganz oben. Nichtsdestotrotz: Wer sich die Zukunft des (französischen) Fußballs anschauen möchte, der sollte mal gelegentlich bei OL vorbeizappen.

Girondins de Bordeaux

Willy Sagnol ist zurück. Aber nicht als Spieler, sondern als Trainer. Nach Ausflügen in das französische Jugendnationalmannschaftstrainer-Dasein versucht sich der Ex-Bundesliga-Spieler jetzt als Vereinstrainer. Das letzte Mal, als Bordeaux einen bis dahin vereinsunerfahrenen Ex-Nationalspieler einstellte, endete das mit dem Gewinn des Doubles plus einem CL-Viertelfinale – und dem Aufstieg eben jenes Trainers zum französischen Nationalcoach. Nämlich Laurent Blanc. Wenn Sagnol das genauso hinbekommt, wissen wir schon mal, wer demnächst bayrische Sieger-Gene in die französische Nationalmannschaft einpflanzt. Realistischer ist allerdings, dass Bordeaux irgendwo um Platz 8 herum seine Saison beendet.

SC Bastia

Vermutlich wird der kleine korsische Club nicht im Tabellendunstkreis der internationalen Plätze auftauchen. Hinschauen lohnt trotzdem. Weil Bastia schon vergangene Saison mit konterstarkem und defensiv solidem Team-Fußball auf sich aufmerksam gemacht hat, und diese Saison gleich an mehreren Ecken Spannung verspricht. Zum einen gibt der ehemalige Nationalspieler Claude Makelele sein Trainer-Debüt (nachdem er zuletzt Co-Trainer bei PSG war). Zum anderen wurde Torwart-Urgestein Mickael Landreau (35) ausgerechnet durch den 21-jährigen Alphonse Areola ersetzt, den überragenden Torwarthelden beim französischen Titelgewinn der U20-Weltmeisterschaft, der als das große Torwarttalent des Landes gilt (Frankreich hat da nicht so viele wie Deutschland). Ein Generationenwechsel, der sich entweder als fatal oder als Transfercoup herausstellen könnte. Offensiv haben sich die Korsen ebenfalls recht gewitzt mit dem schnellen, dribbelstarken Togolesen Floyd Ayite (25) verstärkt, sowie dem brasilianischen Routinier Brandao (34). Der dürfte dem Sturm die Zuverlässigkeit verleihen, die Ayite noch fehlt.

Wer fehlt?

Paris fehlt. Zumindest in dieser Aufzählung. Mit Absicht. PSG wird, nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit, nämlich sowieso Meister. Stand die französische Liga früher für spannende Titelkämpfe, ständig wechselnde Sieger und Nervenzittern bis zum Schluss, herrscht seit zwei Jahren Langeweile. An die Pariser Ölscheichs und Zlatans Karate-Tore kommt keiner heran, und auch wenn David Luiz das Zeug dazu hat, der Transferflop der Saison zu werden (50 Millionen Euro für einen Innenverteidiger, der beim WM-Spiel gegen Deutschland… na, ihr wisst schon…) – für den französischen Meistertitel sollte es trotzdem locker reichen. Gähn.

Top5-Prognose:

1. PSG
2. AS Monaco
3. Lille OSC
4. AS St. Etienne
5. Olympique Lyonnais

4 Gedanken zu “Ligue 1 2014/15: Fünf Teams zum Hinsehen

  1. Ich glaube nicht, dass ich substantiell mehr berichten könnte, als du in den einschlägigen Foren wie transfermarkt.de finden wirst. Aboubakar ist ein junger, physisch präsenter Stürmer, der für Lorient eine wirklich gute Saison gespielt hat, aber inwieweit das bedeutet, dass er vor Wolfsburg funktionieren würde, müssen gefälligst die Scouts einschätzen, ich finde es generell immer recht schwierig, überhaupt Aussagen zu treffen, inwieweit Spieler in jeweils anderen Ligen funktionieren. Die französische Liga ist anspruchsvoller als ihr Ruf, vor allem ist sie körperlich recht herausfordernd, aber die Bundesliga ist ganz klar taktisch voraus.

    Martial stammt aus der im Blog-Beitrag erwähnten Jugend-Kaderschmiede von Lyon und wurde gerade erst vergangene Saison von Monaco verpflichtet, er gilt als eines der großen künftigen französischen Talente, und hat sämtliche U-Mannschaften durchlaufen, ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Monaco ihn gleich wieder ziehen lassen will. Und wenn sie eines nicht brauchen, erst recht nicht nach dem Verkauf von James, dann ist es Geld.

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  2. Klasse Infos, dank dir.
    Ich hoffe ja auf diverse Ausrutscher von PSG und Monaco aber das wird wohl bei der Hoffnung bleiben. Für den Willy S. würde mich ein CL-Platz aber freuen. Nur fehlt da irgendwie der Kader dazu.
    Aber dank dir, werde ich wenigstens gut informiert, wieviel Vorsprung PSG pro Woche herausspielt.

    Ciao

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